Gemeinsames Lernen - Allgemeine Informationen

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2009 in Kraft trat, begann unter anderem ein Wandel im deutschen Schulsystem, da die Konvention das gegliederte Schulsystem unter einen enormen Veränderungsdruck setzt (vgl. Nikolai 2016, 672).
Der Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention befasst sich dabei mit der schulischen Bildung (vgl. Nashef 2015, 206). Demnach ist Deutschland als Vertragsstaat völkerrechtlich dazu verpflichtet, das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderung ohne Ausgrenzung und Diskriminierung und aufgebaut auf der Chancengleichheit in einem inklusiven Bildungssystem zu gewährleisten (vgl. Schumann 2009). Grund für die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention war die Feststellung, dass Menschen mit Behinderung weltweit immer noch mit Hindernissen zu kämpfen haben, die ihnen die Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft erschweren (vgl. Hess-Klein 2016, 603). Das Ziel der Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung in das allgemeinbildende Schulsystem wird seit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Schritt für Schritt verfolgt. Dabei sollen alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Religion, ihren ethnischen Zugehörigkeiten, etwaigen besonderen Lernbedürfnissen sowie ihren sozialen und ökonomischen Voraussetzungen die gleiche Möglichkeit erhalten, ihre Potenziale
zu entwickeln und an qualitativer Bildung teilzuhaben (vgl. Hofmann-Lun 2014, 7). Dies gilt für alle Bildungsstufen von der Vorschulstufe bis hin zur Erwachsenenbildung (vgl. Hess-Klein 2016, 605). Während die Integration eine Pädagogik ist, die die „Eingliederung der „aussortierten“ Kinder mit Behinderung anstrebt“ (Schumann 2009), hat die inklusive Pädagogik den Anspruch, die Vielfalt aller Kinder in den Fokus zu stellen und darauf eine Antwort zu geben (vgl. Schumann 2009). Die Inklusion geht also einen Schritt weiter als die Integration, da nicht mehr nur die Frage des geeigneten Förderortes im Vordergrund steht, sondern auch die der sozialen Interaktion und damit die der weitest gehenden sozialen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2014, 158). Nicht die Frage, wie
ein Individuum in das Regelsystem integriert werden kann, sondern das Streben nach der Gestaltung von Institutionen, die alle Menschen ansprechen und aufnehmen, ist also von Bedeutung (vgl. Schmitt 2016, 288). Feuser (2015, 263) spezifiziert in diesem Kontext die Chancengleichheit und spricht von einer Bildungsgerechtigkeit für alle. Dabei steht im Vordergrund, dass keinerlei Aussonderung oder Ausgrenzung stattfinden soll. Es soll also eine voraussetzungslose und von personenbezogenen Merkmalen unabhängige Teilhabe ermöglicht werden (vgl. Bernasconi & Böing 2016, 12). Eine inklusive Schule, die eine Schule für alle sein will, also auch für Schülerinnen und Schüler mit schweren oder mehrfachen Behinderungen, muss in der Lage sein, die unterschiedlichen Unterstützungs- und Bildungsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu erkennen und diese auch zu erfüllen, um eine bessere Alternative zum bestehenden, differenzierten Schulsystem darzustellen (vgl. Wagner 2013, 499). Das schließt neben der Struktur der Schulen generell auch die einzelnen Schulen und den Unterricht mit ein (vgl. Hansen 2016, 194). Dabei gilt es, unterrichtlich anzunehmen und zu berücksichtigen, dass die Unterschiede und in der Entwicklung von Motivation und Intelligenz zu unterschiedlichen Lernfähigkeiten bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern führen (vgl. Thies 2016, 21).

Literaturangaben:
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2014): Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem. In: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2014. http://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2014/pdf-bildungsbericht-2014/bb-2014.pdf. Abgerufen am: 22.03.2017. Seite 157-202.
Bernasconi, T.; Böing, U. (2016): Einleitung: Schwere Behinderung & Inklusion – grundlegende Anmerkungen. In: Bernasconi, T.; Böing, U. (Hrsg.): Schwere Behinderung & Inklusion. Facetten einer nicht ausgrenzenden Pädagogik. Oberhausen: ATHENA-Verlag. Seite 11-22.
Feuser, G. (2015): Inklusion. Eine Forderung nach Gleichheit, Solidarität und Bildungsgerechtigkeit. In: Behindertenpädagogik 3/2015, 54. Jahrgang. Seite 257-269.
Hansen, C. (2016): Inklusive Schulentwicklung. In: Hedderich, I.; Biewer, G.; Hollenweger, J.; Markowetz, R. (Hrsg.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. Seite 194-199.
Hess-Klein, C. (2016): Inklusion und Umsetzung der UNO-BRK. In: Hedderich, I.; Biewer, G.; Hollenweger, J.; Markowetz, R. (Hrsg.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. Seite 601-607.
Hofmann-Lun, I. (2014): Mit der Ganztagsschule auf dem Weg zur Inklusion. Wie tragen Ganztagskonzepte und Jugendhilfe zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung an allen Bereichen des Lebens bei? München: Deutsches Jugendinstitut e.V.
Nashef, A. (2015): Inklusion als Chance...für alle! Ein nicht nur autismusspezifisches Schulungsprogrammfür Lehrkräfte. In: Behindertenpädagogik 2/2015 54. Jg.. Seite 206-215.
Nikolai, R. (2016): Systembezogene Schulforschung. In: Hedderich, I.; Biewer, G.; Hollenweger, J.; Markowetz, R. (Hrsg.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. Seite 670-674.
Schmitt, C. (2016): Paradoxien von Inklusion. Zur notwendigen Professionalisierung einer kontroversen Debatte. In: Behindertenpädagogik 3/2016, 55. Jahrgang. Seite 285-295.
Schumann, B. (2009): Inklusion: eine Verpflichtung zum Systemwechsel – deutsche Schulverhältnisse auf dem Prüfstand des Völkerrechts. http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion/article/view/17/20. Abgerufen am: 21.03.2017.
Thies, W. (2016): Inklusion jetzt! Kompass zur Schul- und Selbstentwicklung in der Grundschule. Hamburg: AOL-Verlag.
Wagner, M. (2013): Sind sie der Rest? Kinder und Jugendliche mit schwerer Behinderung in einem inklusiven Schulsystem. In: Zeitschrift für Heilpädagogik 12 2013. Seite 496-
501.